Jaap van Mesdag

4.1.1922 23.10.2015

  • Geb. am 4. Januar 1922.
  • Widerstandstätigkeit.
  • Versuchte mit einem Boot nach England zu fliehen und wurde von einem deutschen Schiff aus Seenot gerettet, daraufhin KZ-Haft.
  • Gest. am 23. Oktober 2015.

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Jaap van Mesdag (1 MB)


Jaap van Mesdag wurde am 4.1.1922 in Fribourg in der Schweiz geboren. Er wuchs in Hilversum in den Niederlanden auf, dorthin waren seine niederländischen Eltern ein paar Monate nach seiner Geburt gezogen.

Nach dem deutschen Einmarsch im Mai 1940 wandte sich Jaap, der das Gymnasium in Baarn besuchte, der Widerstandsarbeit zu. Zusammen mit Ernst Sillem klaute er Pulverpatronen aus einer Munitionsfabrik und plante, mit dem Pulver die Fabrik zu sprengen. Das haben sie aber nie geschafft.

1942 planten sie stattdessen, nach England per Kanu zu fliehen. In der Nacht des 31. August 1942 fuhren sie von der Insel Goeree los, aber nach einigen Stunden wurde klar, dass sie wegen des schlechten Wetters Großbritannien nicht erreichen würden. Jaap blies daher auf seiner Trompete das SOS-Signal.

Leider war es ein Schiff der deutschen Kriegsmarine, das ihr Signal hörte und antwortete. Der Kapitän brachte sie nach Rotterdam, wo sie zum Sicherheitsdienst gebracht wurden. Nach zwei Wochen Einzelhaft in Rotterdam wurden Jaap und Ernst in das KZ Amersfoort gebracht.

In Amersfoort hatte Jaap das Glück, im Winter 1942/1943 in Innen-Kommandos zu arbeiten, in der Bekleidungskammer und dem Strohsackkommando.  Diese Tatsache hat ihm wahrscheinlich das Leben gerettet.

Als der Lagerkommandant aber herausbekam, dass die beiden in England zum Militärdienst wollten, wurden Jaap und Ernst dem Strafkommando zugeteilt, in dem sie kein Mittagessen bekamen und neben ihrer Arbeit jeden Tag vier Stunden strammstehen mussten.

Im Januar 1943 kamen Jaap und Ernst aus dem Strafkommando, weil das KZ Amersfoort geräumt und das KZ Vught eröffnet wurde. Hier gelang es Jaap, sein eigenen Kommando aufzubauen, das Kohle an alle Baracken austeilte. Er hatte auch das Glück, manchmal von einem SS-Wachmann etwas Essen zu bekommen.

Im Sommer 1943  wurden sie via Amersfoort als Nacht-und-Nebel-Gefangene in das KZ Natzweiler gebracht. Hier arbeitete Jaap im Steinbruch und in Kommandos für die Rüstungsindustrie. Er spielte im Lagerorchester Trompete.

Als sich die Alliierten Natzweiler näherten, wurde Jaap nach Dachau transportiert, wo er am 22. September 1944 registriert wurde. Auch hier spielte er im Lagerorchester Trompete. Im Winter 1944/45 bekam er Typhus, aber er hat die Krankheit überstanden, weil er schon als Kind dagegen geimpft worden war.

Nach der Befreiung wurde Jaap Teil des Wachdiensts, den die Amerikaner zusammenstellten, um dafür zu sorgen, dass die ehemaligen Häftlinge im Lager blieben, damit sich die Typhusepidemie nicht weiter ausbreitete. Jaap musste das Jourhaus bewachen, und sah dabei die Tausende von Leichen, die im Krematoriumsbereich gestapelt waren. Erst Mitte Mai durfte Jaap zurück in die Niederlande.

Weil Jaap eine Zeit lang nach dem Krieg Probleme mit dem Lesen hatte, gab er es auf, Medizin zu studieren, wie er es vor dem Krieg wollte. Stattdessen arbeitete er für Unilever und holte später seinen MBA nach.

1962 heiratete er seine Frau Ellen. Sie wohnen seitdem in einer alten Mühle, die er selbst restauriert hat. Er restauriert auch alte Flugzeuge und hat die Stiftung „Early Birds“ gegründet.

1992 hat Jaap mit Ernst Sillem, der den Krieg auch überlebt hat, seine vorgesehene Kanu-Reise nach England nachgeholt – diesmal mit Wettervorhersage und Unterstützung. Beim zweiten Versuch schafften sie es, in die Nähe der englischen Küste zu kommen, bevor sie umkippten. Wären sie 1942 so weit gekommen,  wären sie wahrscheinlich durch ein britisches Schiff gerettet worden und sie wären in Sicherheit gewesen.

Die Erinnerung ist für Jaap immer sehr wichtig geblieben und seine Haft hat ihn immer geprägt. Er weiß, wie wichtig es ist, tolerant zu sein. Das wichtigste ist für ihn allerdings immer die Freiheit gewesen.

„Es ist gut, das wahrzunehmen. Dass man ein freier Mensch ist, in einem freies Land, dass du gehen kannst, wohin du willst, dass du sagen kannst, was du sagen willst. Ja, das ist ein großes Vorrecht.“

Verfasserin des Gedächtnisblatts

Ylva Sluiter